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Rätsel um „inaktives“ Defensin gelöst:

Abwehrmechanismus gegen Bakterien und Pilze entdeckt

Das menschliche Beta-Defensin 1 (hBD1) in seiner inaktiven Form

20.01.2011, Pressemitteilungen

Mit körpereigenen Antibiotika, sogenannten Defensinen, wehrt sich der menschliche Organismus gegen mikrobielle Angriffe. Einem interdisziplinären Forscherteam aus Biochemikern und Medizinern ist es nun gelungen, den Wirkungsmechanismus eines bisher immer für wenig aktiv gehaltenen Defensins aufzuklären. Ihre Forschungsergebnisse eröffnen neue Ansatzpunkte für die Therapie betroffener Patienten. Ihre Ergebnisse präsentiert nun das angesehene Journal „Nature“ in seiner aktuellen Online-Ausgabe.

Bei gängigen Labortests hatte sich das Beta-Defensin 1 (hBD-1) stets als wenig wirksam gegen Mikroben erwiesen. Trotzdem wird es im menschlichen Körper in größeren Mengen produziert. Die Lösung des Rätsels lag im Untersuchungsverfahren, wie die Forschergruppe unter Führung von Dr. Jan Wehkamp vom Dr. Margarete Fischer-Bosch-Institut für Klinische Pharmakologie des Stuttgarter Robert Bosch Krankenhauses nun herausfand.

Bisher wurden körpereigene Antibiotika aus der Gruppe der Defensine vor allem in Gegenwart von Sauerstoff getestet, obwohl zum Beispiel im menschlichen Darm eigentlich kaum Sauerstoff vorhanden ist. Die Arbeitsgruppe untersuchte nun, wie Defensine unter sauerstoffarmen Bedingungen wirken. Während dieser Untersuchungen fanden sie heraus, dass das humane Beta-Defensin 1 (hBD-1), gegen Milchsäurebakterien und bestimmte Hefepilze nur unter sauerstoffarmen Bedingungen eine starke antibiotische Wirksamkeit entfaltet.

Zusätzlich entdeckten die Forscher, dass ein weiteres menschliches Eiweiß, Thioredoxin, das Beta-Defensin 1 auch in Gegenwart von Sauerstoff aktivieren kann. Moritz Marcinowski und Professor Johannes Buchner aus dem Department Chemie der technischen Universität München klärten durch Circular Dichroismus Spektroskopie auf, wie sich die inaktive, gefaltete und die aktive, offene Form voneinander unterscheiden. Zur Aktivierung des Beta-Defensin 1 öffnet das Thioredoxin drei Disulfid-Brücken, die das Molekül zusammen halten. Das Molekül öffnet sich daraufhin und wird aktiv. Der Körper hat so die Möglichkeit, das Defensin gezielt zu aktivieren.

Die Ursache chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen ist bislang nicht vollständig geklärt. Dieses vollkommen neue biologische Prinzip besitzt daher besondere Relevanz. In enger Kooperation mit der Abteilung für Innere Medizin I am Robert Bosch Krankenhaus von Professor Eduard F. Stange konnten die Forscher zeigen, dass genau dieses körpereigene, Antibiotika aktivierende Eiweiß während chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa nur vermindert produziert wird. Somit ist bei der Entzündung die Immunabwehr gegen Pilze und Bakterien gestört und es kommt zu einer weiteren Schwächung der Darmbarriere, die für die Entzündung verantwortlich gemacht wird.

Das körpereigene Antibiotikum hBD-1 aus der Gruppe der Defensine wird ständig von allen menschlichen Oberflächen produziert, seine wahre Funktion war bislang jedoch unbekannt. Die aktuellen Untersuchungen lassen nun den Schluss zu, dass hBD-1 menschliche Oberflächen gegen Darmbakterien wie Milchsäurebakterien schützt, aber auch bei der Abwehr gegen krankheitserregende Hefepilze nützlich ist. Das Forscherteam geht davon aus, dass sich der jetzt identifizierte Mechanismus in Zukunft zur Therapie verschiedener entzündlicher und infektiöser Erkrankungen nutzen lässt.

Bei der Forschungsarbeit handelt es sich um eine aus Stuttgart, von der Emmy Noether-Nachwuchsgruppe um Priv. Doz. Dr. Jan Wehkamp geführte rein deutsche Kooperation mit insgesamt sechs beteiligten Zentren. Neben fünf Wissenschaftlern aus Stuttgart (Dr. Margarete Fischer-Bosch-Institut für klinische Pharmakologie) und dem federführenden Robert Bosch Krankenhaus (Björn Schröder, Sabine Nuding, Julia Beisner, Eduard F. Stange und Jan Wehkamp) waren von der Universität Tübingen die Hautklinik (Martin Schaller), das Tübinger Max Planck Institut für Entwicklungsbiologie (Sandra Groscurth), die Hautklinik der Universität Kiel (Zhihong Wu), sowie das Department Chemie der Technischen Universität München (Moritz Marcinowski und Johannes Buchner) beteiligt. Neben der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Emmy Noether-Programm für Nachwuchswissenschaftler, Exzellenzcluster Center for Integrated Protein Science Munich) wurde die Arbeit in wichtigen Teilen auch von der Robert Bosch Stiftung unterstützt.

Originalpublikation:

„Reduction of disulfide bonds unmasks potent antimicrobial activity of human β-defensin 1”, B.O. Schroeder, Z. Wu, S. Nuding, S. Groscurth, M. Marcinowski, J. Beisner, J. Buchner, M. Schaller, E.F. Stange, J. Wehkamp, Nature, DOI: 10.1038/nature09674 

Kontakt:

Prof. Dr. Johannes Buchner
Department Chemie
Technische Universität München
Lichtenbergstr. 4, 85747 Garching
Tel.: +49 89 289 13341 – Fax: +49 89 289 13345
E-Mail 

Priv. Doz. Dr. med. Jan Wehkamp
Dr. Margarete Fischer-Bosch-Institut für Klinische Pharmakologie;
Robert Bosch Krankenhaus, Innere Medizin I,
Auerbachstr. 112; 70376 Stuttgart, Germany
Tel.: +49 711 8101-5700 – Fax: +49 711 85 92 95
E-Mail

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