Besseres Verständnis der Krankheitsursache
Neues Risikogen für Neurodermitis identifiziert
06.04.2009, Press releases
Wissenschaftlern des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München ist es in Zusammenarbeit mit Forschern des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch und der Charité-Universitätsmedizin Berlin sowie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel gelungen, eine Genvariante auf Chromosom 11 zu identifizieren, die das Risiko für Neurodermitis erhöht. In einer großen klinischen Studie verglichen sie das Erbgut von fast 10.000 Patienten und Gesunden aus Deutschland, Polen und der Tschechischen Republik. „Unsere Ergebnisse helfen uns, die Ursachen der Krankheit besser zu verstehen, und können zur Entwicklung neuer Behandlungsmethoden beitragen“, sagt Priv.-Doz. Dr. Stephan Weidinger (TUM).
Allergische Erkrankungen (Neurodermitis, Asthma, Heuschnupfen) haben in den letzten Jahrzehnten in den Industrienationen stark zugenommen. Mit einer geschätzten Häufigkeit von ca. 20 Prozent bei Kindern und ca. 5 Prozent bei Erwachsenen ist die Neurodermitis in westlichen Industrienationen eine der häufigsten chronischen Hauterkrankungen. Als Auslöser gilt eine Kombination aus genetischen und umweltbedingten Faktoren.
In der aktuellen Studie, an der neben der Technischen Universität München auch die Universitäten Bonn und Kiel sowie die Charité Berlin beteiligt waren, wurde das gesamte Erbgut bei mehreren Tausend Patienten, Kontrollen und Familien untersucht. Diese erste genomweite Studie zur Neurodermitis wurde im Rahmen des Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN) durchgeführt.
Die Ergebnisse zeigen, dass mehrere Gene an der Entstehung der Neurodermitis beteiligt sind. Besonders eine genetische Variation in einem bestimmten Bereich des Chromosoms 11 erhöht das Risiko an Neurodermitis zu erkranken deutlich. Diese Gen-Variante ist in der Bevölkerung sehr häufig und betrifft in Europa zirka 36 Prozent der Menschen. Interessanterweise tritt dieselbe Gen-Variante auch bei Patienten mit der chronisch-entzündliche Darmerkrankung Morbus Crohn gehäuft auf. Das Gen enthält die Bauanleitung für das Eiweiß EMSY, welches in vielen Geweben aktiv ist, vor allem aber in der Haut und in Immunzellen, wie im Rahmen der aktuellen Untersuchungen gezeigt werden konnte.
Zusammenfassend deuten die neuen Erkenntnisse auf gemeinsame genetische Risikofaktoren für entzündliche Erkrankungen von Barriereorganen zur Umwelt hin, wie Haut und Darm. Derzeit sind die beteiligten Wissenschaftler mit der funktionellen Charakterisierung des neu identifizierten Gens befaßt.
In der aktuellen Arbeit konnten die Wissenschaftler zudem zeigen, dass bislang unbekannte Varianten in Genen, die die Bauanleitung für die äußerste Hautschicht enthalten, speziell zur Entstehung von Neurodermitis beitragen. Die Arbeitsgruppen in München und Kiel beschäftigen sich seit langem mit hautspezifischen Genen, und arbeiten derzeit an deren genaueren Untersuchung.
Literatur:
Jorge Esparza-Gordillo*, Stephan Weidinger*, Regina Fölster-Holst, Anja Bauerfeind, Franz Ruschendorf, Giannino Patone, Klaus Rohde, Ingo Marenholz, Florian Schulz, Tamara Kerscher, Norbert Hubner, Ulrich Wahn, Stefan Schreiber, Andre Franke, Rainer Vogler, Simon Heath, Hansjörg Baurecht, Natalija Novak, Elke Rodriguez, Thomas Illig, Min-Ae Lee-Kirsch, Andrzej Ciechanowicz, Michael Kurek, Tereza Piskackova, Milan Macek, Young-Ae Lee, Andreas Ruether. A common variant on chromosome 11q13 is associated with atopic dermatitis. Nat Genet 2009; in press und Nature Genetics doi: 10.1038/ng.347.
Elke Rodriguez, Thomas Illig, Stephan Weidinger (2008): Filaggrin loss-of-function mutations and association with allergic diseases. Pharmacogenomics 2008; 9:399-413
Baurecht H, Irvine AD, Novak N, Illig T, Bühler B, Ring J, Wagenpfeil S, Weidinger S.
Toward a major risk factor for atopic eczema: meta-analysis of filaggrin polymorphism data. J Allergy Clin Immunol. 2007;120:1406-12.
Kontakt:
Klinikum rechts der Isar der TU München
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tanja Schmidhofer
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