WM-Ausrichtung nur 3,15 Euro wert
Der Boom zu Gast bei Freunden?
29.05.2006, Press releases
Studie zur wirtschaftlichen Bedeutung der Fußball-WM 2006 in Deutschland
Die an die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland geknüpften
wirtschaftlichen Erwartungen sind groß. Viele sehen den
Wohlfahrtsgewinn vor allem in immateriellen Impulsen durch den
„Heimvorteil“ der Austragung dieser Großveranstaltung. Eine dem
Deutschen Fußball Bund und dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft
vorgelegte Studie von Dipl.-Volkswirt Malte Heyne (Institut Arbeit und
Wirtschaft, Universität Bremen, Prof. Rudolf Hickel) und Dr. Bernd
Süßmuth (Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre, TU München, Prof. Robert
K. von Weizsäcker) ermittelt einen Wert für diesen Gewinn und
untersucht seine Einflussfaktoren. Das Ergebnis überrascht: Im Schnitt
ist den Deutschen nach eigener Einschätzung die WM-Ausrichtung nur 3,15
Euro wert.
Im Vorfeld des Turniers schätzen Verbände und Wissenschaftler
mehrheitlich die „weichen“ Wirkungen einer WM-Ausrichtung wie
gesellschaftlichen Zusammenhalt, Image im Ausland und politische
Sendungsgewinne für bedeutender ein als die direkten, geldwerten
Effekte. Ein Nettowert ergibt sich, wenn negative Auswirkungen wie
Belästigung durch übermäßige Medienberichterstattung und Angst vor
Gewaltausschreitungen herausgerechnet werden. Durch bestimmte
Umfragetechniken kann dieser Wert ermittelt werden. In einer für das
Bundesgebiet repräsentativen Stichprobe wurden die Teilnehmer vor ein
hypothetisches Szenario gestellt, demzufolge die WM aus
Sicherheitsgründen kurzfristig in die Schweiz verlegt werden sollte.
Nach dem Hinweis, dass eine Verhinderung der Verlegung nur durch
Zuzahlungen aus der Bevölkerung erfolgen kann, wurde die individuelle
Zahlungsbereitschaft abgefragt. Im Mittel lag diese bei 3,15 Euro. Der
indirekte, qualitative Nutzen der WM-Ausrichtung fällt daher mit
insgesamt 260 Millionen Euro für Deutschland wider die vorherrschende
Meinung verhältnismäßig gering aus.
Kein Unterschied in der Wertschätzung besteht zwischen Frauen und
Männern. Jedoch gilt: je jünger und je gebildeter, desto höher. In
einer Analyse aller Spiele der deutschen Nationalmannschaft seit 1959
und ihrer ökonomischen Auswirkungen zeigen die
Wirtschaftswissenschaftler von TUM und Universität Bremen, dass sich
der positive Zusammenhang von nationalem sportlichem Erfolg und
Wirtschaft, der vor der Wiedervereinigung zu beobachten war, seither
nicht mehr eingestellt hat. Selbst bei einem Finalsieg bliebe ein
„(Wirtschafts-)Wunder von Berlin“ aus.
Saldiert man direkte Kosten und Nutzen, bringt die Ausrichtung der WM
volkswirtschaftlich einen Gewinn von ungefähr 6 Milliarden Euro. Zu
diesem Ergebnis kommt Wirtschaftswissenschaftler Heyne in seiner
von Prof. Rudolf Hickel betreuten Dissertation. Ein Großteil der Investitionen und der mit diesen
verbundenen multiplikativen Einkommenswirkungen sei bereits im Vorfeld
der WM realisiert. Im WM-Jahr ruhten die Hoffnungen einer
konjunkturellen Belebung der deutschen Wirtschaft daher vor allem auf
den Konsumausgaben der auswärtigen WM-Besucher. In einem realistischen
Szenario würden die ausländischen WM-Touristen allerdings nur ungefähr
600 Millionen Euro ausgeben. Ein dauerhafter Anstieg der inländischen
Konsumausgaben sei unrealistisch, ein zeitliches Vorziehen von
Konsumausgaben zur WM dagegen denkbar, befinden die Volkswirte, auch
vor dem Hintergrund der anstehenden Mehrwertsteuererhöhung zum 1.
Januar 2007. Eine langfristige Stärkung der Binnenkonjunktur bewirke
dies jedoch nicht.
Kontakt:
Dipl.-Volkswirt Malte Heyne
IAW Universität Bremen
Tel. 0179 / 7406287
E-Mail: malteheyne@yahoo.de
Dr. Bernd Süßmuth
Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre
TU München
Tel. (089) 289-25709
E-Mail: bernd.suessmuth@vwl.wi.tu-muenchen.de
Kontakt: presse@tum.de
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http://www.vwl.wiso.tu-muenchen.de/Aktuelles/Heyne_Suessmuth.pdf