ANTICALINE - Biopharmazeutische Wirkstoffe durch Protein-Design
Team um Prof. Arne Skerra für Deutschen Zukunftspreis 2004 nominiert
16.09.2004, Press releases
Am 11. November 2004 verleiht Bundespräsident Horst Köhler in Berlin den Deutschen Zukunftspreis 2004. Jetzt wurden vier Teams für die Endausscheidung nominiert. Prof. Arne Skerra (TU München, Wissenschaftszentrum Weihenstephan), Dr. Martin Pöhlchen und Dr. Steffen Schlehuber (beide Pieris Proteolab AG) sind für ihre Arbeiten zu den ANTICALINEN als neue biopharmazeutische Wirkstoffe nominiert worden.
Antikörper - Eiweißstoffe des Immunsystems - gelten bisher als universelle biochemische Werkzeuge zur Erkennung, Bindung und Markierung molekularer oder zellulärer Strukturen. Antikörper haben eine komplizierte Molekülstruktur. Sie bestehen aus insgesamt vier Eiweißketten und können auch aufgrund ihrer sperrigen Dimensionen Zellzwischenräume nur bedingt durchdringen. Somit weisen Antikörper nicht nur in der medizinischen Anwendung Beschränkungen auf, sie sind auch relativ aufwendig herzustellen.
Dem Team um Prof. Dr. Skerra ist es gelungen, das Wirkprinzip der Antikörper auf ein anderes Proteinstrukturgerüst zu übertragen. Ausgehend von den Lipocalinen, einer bisher wenig beachteten Familie von Biomolekülen, schufen sie durch Protein-Design eine neue Art ligandenbindender Proteine. Diese als ANTICALINE bezeichneten Wirkstoffe bieten erstmals eine Alternative zu den Antikörpern und eröffnen vielversprechende Einsatzmöglichkeiten in der Medizin, der Biotechnologie und der biowissenschaftlichen Forschung.
ANTICALINE bestehen aus einer einzelnen Polypeptidkette. Sie sind damit einfacher aufgebaut und wesentlich kleiner als Antikörper. Ihre Produktion erfolgt mit Hilfe von einfach zu züchtenden Mikroorganismen. Der unkomplizierte Aufbau der ANTICALINE erlaubt auch deren Koppelung mit anderen Proteinen; so kann man ANTICALINE mit enzymatischen Eigenschaften oder einer bestimmten Verweildauer im Körper ausstatten. ANTICALINE bieten grundsätzlich dieselben Anwendungsmöglichkeiten wie die Antikörper.
Mit ANTICALINEN kann man z. B. Giftstoffe oder andere niedermolekulare Substanzen neutralisieren und ihre Ausscheidung aus dem Körper fördern. Sie werden auch als sogenannte Antagonisten eingesetzt. Aufgrund ihrer spezifischen Bindung an Rezeptoren auf der Zelloberfläche kann der natürliche Wechselwirkungspartner des Rezeptors keine Signale mehr auslösen. Dadurch lassen sich gezielt bestimmte Zelltypen, beispielsweise im Immunsystem, aktiveren oder deaktivieren. Eine besondere Wirkung erwartet man sich zudem von der Fähigkeit der ANTICALINE, die Oberflächenstruktur von Krebszellen zu erkennen und gezielt Zellgifte an den Tumor zu leiten.
Die ursprünglich aus der Grundlagenforschung an der TU München hervorgegangene ANTICALIN-Technologie wird durch ein Start-up-Unternehmen, die PIERIS Proteolab AG mit Sitz in Freising, vermarktet.
Der Deutsche Zukunftspreis zeichnet einen Einzelnen oder ein Team für eine hervorragende technische, ingenieur- oder naturwissenschaftliche Innovation aus. Deren gesicherte Anwendungsmöglichkeit verbunden mit uneingeschränkter Marktfähigkeit sowie der Schaffung von Arbeitsplätzen sind notwendige Kriterien der prämierten Leistung. Der Deutsche Zukunftspreis wird jährlich vergeben und ist mit 250.000 Euro dotiert.
Kontakt:
Technische Universität München
Prof. Dr. Arne Skerra
Lehrstuhl für Biologische Chemie
Tel: 08161-714351
Fax: 08161-714352
Lehrstuhl für Biologische Chemie
Kontakt: E-Mail Prof. Skerra (skerra@wzw.tum.de)
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