Der Industrie Biokompatibilität anbieten
Gewebe müssen an Material andocken können
26.10.2000, Pressemitteilungen
"Ein bedeutender Schwerpunkt der wissenschaftlichen Arbeiten am neuen Zentralinstitut für Medizintechnik der Technischen Universität München in Garching liegt u.a. in der Erforschung verbesserter Verträglichkeiten von technischen mit natürlichen Systemen", sagte vor der Presse am Donnerstag Prof. Dr. Erich Wintermantel, Direktor der neuen Lehr- und Forschungseinrichtung. Die Lehre von der Biokompatibilität von Stoffen stehe im Mittelpunkt der Arbeiten. Strukturen der Systeme müßten zukünftig im Nanometerbereich ebenso kompatibel wie im Makrobereich (Strukturkompatibilität) sein. Menschliches Gewebe solle sich an neuem fremden Material gut "andocken" lassen. Auch das Langzeitverhalten von Werkstoffen im Gewebe werde im Zentralinstitut erforscht. "Entscheidend ist dabei die Oberflächenkompatibilität, die heute noch zu wenig erkundet ist", erklärte Wintermantel.
"Die Langzeit-Verträglichkeit von Implantaten", so Prof. Wintermantel, "wird erst ermöglicht durch optimale Blutversorgung." Neue Werkstoffe müßten zu diesem Zweck erst noch entwickelt werden, die Blutgefäße "anziehen" können. Damit solle die Ernährung von angewachsenem Gewebe auf lange Zeit sichergestellt werden. Besonders wertvoll seien solche Forschungsergebnisse für die Entwicklung von funktionellem Ersatz innerer Organe, wie z.B. der Leber, die das bestdurchblutetste Organ des menschlichen Körpers ist.
Die Entwicklung von Testsystemen für das biologische Verhalten neuer Werkstoffe werde ebenfalls eine Aufgabe des neuen Instituts sein. Die Industrie soll in die Lage versetzt werden, mit vergleichsweise einfachen Mitteln eine frühe Aussage über die Wirkungsweise neuer Materialien für die Anwendung im Körper zu gewinnen. "Darin liegt ein außerordentlicher Mehrwert", so Prof. Wintermantel. "In einem Arbeitsgang werden Diagnostik und Therapie zur Theragnostik zusammengeführt", prognostizierte Wintermantel. Das bedeute, therapeutische und diagnostische Systeme in ein klinisches Supersystem zu integrieren, wie es mit der Kombination bildgebender Verfahren und minimalinvasiver Operationstechnik bereits möglich sei. Der Industrie könnten neue Forschungsergebnisse präsentiert werden, die nur durch Zusammenwirken mehrerer Disziplinen möglich werden. "Neue Unternehmen der Medizintechnik könnten so entstehen", schloß Wintermantel.
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