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Die TU München ist jetzt in Singapur

21.01.2002, Pressemitteilungen

"German Institute of Science and Technology" als Tochter der TUM-Tech GmbH in Singapur gegründet - Historischer Schritt im deutschen Hochschulwesen

Als erste deutsche Hochschule hat die Technische Universität München eine selbstständige Tochter im Ausland gegründet: Am 16. Januar 2002 unterzeichnete Präsident Prof. Herrmann in Singapur das Vertragswerk, mit dem das "German Institute of Science and Technology" in die operative Phase eintritt. Das German Institute ist ein wirtschaftlich selbstständiges, von der TU München als staatlicher Hochschule juristisch unabhängiges Unternehmen mit Sitz in Singapur. Seine Aufgabe besteht in der Erschließung internationaler Bildungsmärkte mit Schwerpunkt in Südostasien. Die Ausgründung hat in Singapur durch das Erziehungsministerium die Zulassung für postgraduale Universitätsstudiengänge erhalten. Erstes Beispiel ist der Master-Studiengang "Industrial Chemistry". Er wird gemeinsam mit der National University of Singapore (NUS) durchgeführt und führt zum akademischen Doppelabschluss "Master of Science (TUM-NUS)", den beide Universitäten gemeinsam verleihen.

Das German Institute hat den Charakter einer Privatuniversität. Es ist für die Organisation und Finanzierung der Studienangebote zuständig. Ihre Aufgaben erfüllt sie durch vertragliche Bindungen an die Technische Universität München, an deren Professoren, an Dozenten aus anderen Einrichtungen und gegebenenfalls an weitere Institutionen im In- und Ausland. Anschubfinanzierungen kommen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) sowie über das Economic Development Board (EDB) der Regierung von Singapur.

Enge Beziehungen zu Singapur wurden im Juli 1998 geknüpft, als Präsident Herrmann Partnerschaftsverträge mit der National University of Singapore (NUS) und der Nanyang Technological University (NTU) abschloss. Auch auf politischer Ebene wurden die Beziehungen intensiviert: Premierminister Goh und der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl unterzeichneten im gleichen Jahr die "Declaration on German-Singapore Enhanced Partnership". Im Juni 2000 weilte Premierminister Goh als Gast der Staatsregierung in Bayern und besuchte dabei auch die TU München. Staatsminister Wiesheu bereitete die Allianz bei einem offiziellen Besuch in Singapur vor.

Ermöglicht durch den Erfolg der TUMTech GmbH, wurde nach einer Reihe von Ausgründungen auch die Gründung einer Auslandstochter mit Sitz in Singapur in Betracht gezogen. Das Unternehmen ist nunmehr als "TUM-Tech Pte Ltd Singapore" aktiv geworden. Besonders hilfreich bei den Gründungsvorbereitungen waren neben den genannten Institutionen (DAAD, BMBF, EDB) der deutsche Botschafter in Singapur, Exzellenz Schlegel; der WTB-Vorsitzende Dr. Hermann Franz sowie namhafte Vertreter der deutschen Wirtschaft in Singapur. Dabei zeigte sich, dass Singapur von den Deutschen die "Humboldtsche Ausbildung" erwartet, das heißt forschungsgeleitete Studienangebote. Bevor die Verhandlungen mit der TU München in die konkrete Phase eintraten, waren mehrere deutsche Universitäten auf ihr Leistungsprofil sowie auf die Stimmigkeit mit den Erwartungen auf singapurischer Seite untersucht worden.

Beim Gründungsakt des Master-Studiengangs "Industrial Chemistry" sagte Direktor Teo, Chef des EDB: "TUM is a well-recognised European leader in science and technology education and research, with strong links to industry. In particular, it is a powerhouse in chemistry research with a long tradition of excellence including five Nobel laureates in Chemistry. Its close links with the German chemical industry makes it an ideal partner." Hervorgehoben wurde auch der Wille der TU München, mit dem Standort Singapur eine strategische Partnerschaft für Südostasien aufzubauen.

Die Gründung des German Institute findet besonders in der Wirtschaft von Singapur Resonanz und Unterstützung. Die deutsche Wirtschaft ist mit zahlreichen Unternehmen in Singapur vertreten, was neben der Siemens AG, mehreren Banken, Versicherungen und Autoherstellern besonders auch für die Chemische Industrie gilt. Letztere ist auf dem Jurong Island, einem durch Aufschüttung dem Meer abgewonnenen Neuland, in sehr breiter Sortierung präsent. Dazu gehören auch die in Bayern tätigen Chemie-Unternehmen DEGUSSA AG, WACKER-CHEMIE GmbH und SÜDCHEMIE AG. Die WACKER-CHEMIE GmbH hat in Singapur unlängst eine neue Wafer-Fabrik zur Chipherstellung in Betrieb genommen.

Singapur gilt als Bildungszentrum in Südostasien, mit dem zusätzlichen Vorteil, dass die ethnische Konstellation des Stadtstaates neue Wege zu China und Indien eröffnet. Was den südostasiatischen Bildungsmarkt betrifft, so erscheint die geographische Nähe zu Indonesien attraktiv. Während Deutschland seit den Fünfziger Jahren zeitweise 17.000 indonesische Studierende hatte, ist diese Zahl mittlerweile auf ca. 1200 gesunken. Hier ist neben den USA auch Australien an die Stelle der Deutschen getreten. Die Studienangebote lassen langfristig die Wiedererschließung dieser Region erwarten. In Indonesien unterhält die TU München seit 1997 fünf Partnerschaften (u.a. Technische Universität Bandung).

Die Repräsentanten vieler Unternehmen wohnten dem Gründungsakt bei, allen voran Vorstandsmitglied Dr. Oberholz von der DEGUSSA AG. Vorteilhaft für Singapur ist auch die Nähe zu Malaysia, wo die deutsche chemische Industrie zahlreichen Produktionsstätten hat.

Bei der Regierung Singapurs stehen die Natur- und Ingenieurwissenschaften an der Spitze der politischen Agenda. Derzeit entsteht ein neuer Science-Park, der u. a. das soeben gegründete, international besetzte "Institute of Genomics" aufnehmen wird. Der staatliche Bildungs- und Forschungsetat rangiert an zweiter Stelle, unmittelbar nach dem Verteidigungsetat. In einem Gespräch mit TU-Präsident Herrmann äußerte Singapurs Bildungsminister sein Interesse an der Konkretisierung weiterer Lehrangebote. Im Gespräch ist die Lehrerausbildung (vocational schools, high-schools) in den naturwissenschaftlich-technischen Disziplinen.

Die Wirtschaft in Singapur sieht an der Ausgründung der TU München ein willkommenes Gegengewicht zu den amerikanischen Bildungsangeboten. In Singapur präsent sind bereits die TUM-Konkurrenten MIT, das Georgia Institute of Technology und die John Hopkins University. Als Alternative zu den MBA-Angeboten von INSEAD, der Wharton-School (Univ. of Pennsylvania) und der University of Chicago Graduate School of Business erwartet man von der technikorientierten Betriebswirtschaftslehre der TU München ein neuartiges Alternativangebot. Wann und wieweit dieses Studienangebot nach Singapur exportiert werden kann, ließ TU-Präsident Herrmann offen.

Die Gründung einer Tochter an einem wirtschaftspolitischen Knotenpunkt wie Singapur setzt Vertrauen und Netzwerkbildung voraus. Der TU-Präsident konnte dafür den Mitgliedern des eigenen Hauses danken, allen voran Dr. Roland Koch, TU-Beauftragter für Auslandsangelegenheiten, und Prof. Hiller, Studiendekan der Fakultät für Chemie. "Koch hat das Netzwerk LAOTSE geknüpft. Mit Unterstützung des DAAD haben wir hier 10 ausgewiesene asiatische Universitäten auf dem Gebiet des Studentenaustausches mit der TU München verknüpft - jetzt steigen weitere Universitäten in Europa in das Programm ein", so der TU-Präsident. Immerhin befinden sich allein in Singapur derzeit 55 Studierende der TU München aus unterschiedlichen Fakultäten. Er wies auf die "asiatischen Werte" hin, die Studierenden aus dem Westen Einblicke in konfuzianisch und buddhistisch geprägte Kulturen gewähren. Bei den Studienangeboten, die sich insbesondere an Studierende aus dem ostasiatischen Raum wenden, soll es auch auf die Förderung der interkulturellen Kompetenz ankommen.

Volker Schlegel, Deutscher Botschafter in Singapur, sieht in der Gründung des German Institute of Science an Technology der TU München einen Beweis dafür, dass es eine deutsche Spitzenuniversität mit den vor Ort aktiven Konkurrenten sehr wohl aufnehmen kann. Endlich habe man den Mut, deutsche Leistungsfähigkeit an den Schauplätzen der Welt auch zu zeigen und sich dabei der Partnerschaft mit nationalen Einrichtungen zu versichern, sagte der Botschafter bei einem Festessen aus Anlaß der Gründung.

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