Hoffnung auf neue Therapie-Ansätze
TUM-Forscher entschlüsseln Mechanismus von Prionen-Erkrankungen
13.11.2009, Aktuelle Meldungen
Wissenschaftlern der Technischen Universität München (TUM) und des Helmholtz Zentrum München ist ein neuer Schritt zum Verständnis der Mechanismen von Prionen-Erkrankungen gelungen: Die mit Prionen infizierten Zellen verändern ihre Genexpression und produzieren verstärkt Cholesterin. Dieses benötigen Prionen für ihre Vermehrung. Von den Ergebnissen, die in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Journal of Biological Chemistry publiziert sind, erhoffen sich die Wissenschaftler neue Ansätze für die Entwicklung von Medikamenten.
Prionen sind infektiös und verwandeln die Gehirne von Menschen und Tieren in schwammartige Strukturen. Sie gelten als Auslöser verschiedener schwerer Erkrankungen des Nervensystems wie der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit beim Menschen, des Rinderwahnsinns BSE und der Traberkrankheit Scrapie beim Schaf. Anders als ein Virus besteht ein Prion in seiner pathologischen Form nur aus Eiweiß, genannt Prion-Protein. Bisher war wenig bekannt, was sich im Inneren der infizierten Nervenzelle abspielt. Dies erschwerte es, wirksame Medikamente gegen Prionen-Erkrankungen zu entwickeln.
Der TUM-Biologe Christian Bach, Erstautor der Studie, sowie Prof. Dr. Hermann Schätzl und Dr. Ina Vorberg vom Institut für Virologie der TUM untersuchten gemeinsam mit Kollegen vom Helmholtz Zentrum München um PD Dr. Johannes Beckers die genomweite Aktivität von Genen in prion-infizierten und gesunden Zellen. Hierbei fanden die Forscher über 100 verschiedene Gene, die in erkrankten und gesunden Zellen unterschiedlich aktiv sind. Dies hat schwerwiegende Folgen für die infizierten Zellen: „Mehrere Enzyme der Cholesterinbiosynthese sind betroffen", erklärt Christian Bach. Als Folge davon steigt der Cholesteringehalt in den infizierten Zellen an.
Ursache dieser Entwicklung ist eine gesteigerte Aktivität des regulierenden Proteins Srebp2. Es schaltet die Gene an, die an der Cholesterinbiosynthese sowie an dessen Aufnahme in die Zelle beteiligt sind. Hierzu heftet sich Srebp2 an einen speziellen Abschnitt für das abzulesende Gen: das Sterol-regulatorische Element. Dies aktiviert das Gen, und es kommt zur Biosynthese des entsprechenden Proteins.
In jedem Schritt der Cholesterinbiosynthese schaltet Srebp2 verschiedene Gene ein und kontrolliert so genauestens die Genexpression, das heißt die Übersetzung der Geninformation in das entsprechende Protein. Ist die Cholesterinkonzentration in einer gesunden Zelle hoch, bleibt Srebp2 in seiner inaktiven Form und bindet sich nicht an das Sterol-regulatorische Element. Dieser Kontrollmechanismus ist in den infizierten Zellen offenbar gestört, die Cholesterinsynthese steigt. „Bemerkenswert ist, dass nur Nervenzellen so reagieren, Zellen des Stützgerüstes hingegen erhöhen ihre Cholesterinproduktion nicht", sagt Prof. Dr. Hermann Schätzl. Weitere Untersuchungen sollen nun zeigen, welche Rolle eine gestörte Cholesterinregulation innerhalb von Nervenzellen für die Entstehung von Prionerkrankungen spielt und so mögliche Therapieansätze aufweisen.
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