Meta-Studie wertet 6.000 Patientendaten aus
Psychopharmaka reduzieren Rückfallrisiko von schizophrenen Patienten
03.05.2012, News
Schizophrene Patienten erleiden deutlich seltener Rückfälle, wenn sie mit speziellen Psychopharmaka, den so genannten Antipsychotika, behandelt werden. Wissenschaftler um Prof. Stefan Leucht von der Klinik für Psychiatrie des Klinikums rechts der Isar der TU München konnten bei einer Auswertung von Studien aus über 50 Jahren außerdem zeigen, dass die so behandelten Patienten auch seltener im Krankenhaus wiederaufgenommen werden mussten und eine bessere Lebensqualität hatten als Betroffene, die nicht mit Medikamenten versorgt wurden.
Schizophrenie ist eine oft lebenslang auftretende Krankheit, die die Erkrankten stark in ihrem Alltag einschränkt. Etwa ein Prozent der Weltbevölkerung sind davon betroffen. Bei der Behandlung der Patienten setzen die Ärzte meist auf anti-psychotisch wirkende Medikamente. Da diese mit oft ernsten Nebenwirkungen behaftet sind, wollten die Forscher überprüfen, ob die Patienten tatsächlich von den Arzneimitteln profitieren.
Die jährlichen Kosten für den Einsatz von Psychopharmaka werden auf 18,5 Milliarden Dollar geschätzt (2010). Noch teurer sind jedoch die Klinikaufenthalte von rückfälligen Patienten, so dass der Verhinderung von Rückfällen große Bedeutung zukommt.
Die Forscher um Prof. Leucht werteten in einer Meta-Analyse 65 Studien mit insgesamt über 6000 Patienten aus, die zwischen 1959 und 2011 veröffentlicht wurden. Sie stellten fest, dass die Rückfallquote innerhalb eines Jahres durch Psychopharmaka auf 27 Prozent gesenkt werden kann, während bei einer Behandlung mit Placebo 64 Prozent der Betroffenen eine weitere Krankheitsepisode erleiden. Die Untersuchung zeigte auch, dass deutlich weniger Patienten wegen eines Rückfalls in die Klinik kamen, wenn sie mit Medikamenten behandelt wurden (10 Prozent verglichen mit 26 Prozent bei Placebo). Einzelne der ausgewerteten Studien belegten, dass die mit Psychopharmaka therapierten Patienten eine bessere Lebensqualität hatten.
Gleichzeitig litten die mit Medikamenten behandelten Patienten unter Nebenwirkungen wie Bewegungsstörungen, Bewusstseinsdämpfung und Gewichtszunahme.
Prof. Leucht fasst die Ergebnisse zusammen: „Wir fanden heraus, dass eine bis zu zweijährige Behandlung mit Antipsychotika das Rückfallrisiko bei Patienten mit Schizophrenie um mehr als die Hälfte reduziert. Die Wirkung ist unabhängig davon, ob die Betroffenen nur eine einmalige Krankheitsepisode hatten oder mehrere und tritt sowohl bei Psychopharmaka der ersten und zweiten Generation auf. Es macht auch keinen Unterschied, ob die Behandlung abrupt oder ausschleichend beendet wird.“
Die Studie erscheint am 3. Mai 2012 in der Fachzeitschrift Lancet (DOI: 10.1016/S0140-6736(12)60239-6)
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