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Neue Messapparatur zum Nachweis schwerster Elemente

Chemisches Element 114 erstmals in Deutschland erzeugt

Das Detektionssystem, mit dem die Synthese und der Zerfall nachgewiesen wurde. (Foto G. Otto)

29.06.2010, Pressemitteilungen

Einem internationalen Team von Wissenschaftlern ist es am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt gelungen, das chemische Element 114 nachzuweisen. Es ist eines der schwersten Elemente überhaupt. Seine Erzeugung gelang bisher nur an zwei anderen Forschungszentren in Russland und in den USA. Den Nachweis des kurzlebigen Elements 114 ermöglichte der unter Federführung von Chemikern des GSI und der Technischen Universität München (TUM) neu entwickelte Messaufbau TASCA (TransActinide Separator and Chemistry Apparatus). Ziel ist es nun, mit der neuen Messapparatur zu noch schwereren Elementen vorzudringen und vielleicht sogar neue Elemente jenseits von Element 118 zu entdecken.

Mit dem Messaufbau TASCA ist es den Wissenschaftlern in einem vierwöchigen Experiment gelungen, 13 Atome des Elements 114 nachzuweisen. Obwohl dies nur wenige Atome sind, ist das die höchste jemals gemessene Produktionsrate für Element 114. In ihrem Experiment konnten sie zwei verschiedene Isotope des Elements 114 mit den Massenzahlen 288 und 289 identifizieren. Die gemessenen Halbwertszeiten liegen im Bereich von einer Sekunde.

„TASCA hat weltweit die höchste Effizienz zum Nachweis superschwerer Elemente an Beschleunigeranlagen. Dies ist die entscheidende Grundlage für zukünftige Experimente, in denen wir superschwere Elemente im Bereich von Element 114 auch chemisch untersuchen werden, um sie an die richtige Stelle im Periodensystem einordnen zu können", sagt Christoph Düllmann von GSI, der Leiter des Kooperationsprojekts, der auch am neu gegründeten Helmholtz-Institut Mainz, das an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz angesiedelt ist, tätig ist.

In ihren Experimenten schossen die Wissenschaftler mit Hilfe des 120 Meter langen GSI-Teilchenbeschleunigers Calcium-Ionen auf eine mit Plutonium beschichtete Folie. Durch Kernfusion verschmolzen die beiden Atomkerne der Elemente Calcium und Plutonium zu einem Atomkern des neuen Elements. Es besitzt die so genannte Kernladungszahl 114, daher der vorläufige Name "Element 114". Die Zahl ergibt sich aus der Summe der Kernladungszahlen der beiden Ausgangselemente: Calcium mit 20 und Plutonium mit 94.

Der gasgefüllte Separator TASCA trennt die mit dem Beschleuniger erzeugten Atome sehr selektiv von anderen Reaktionsprodukten ab. In einem speziellen Halbleiterdetektor, der zusammen mit der entsprechenden Spektroskopieelektronik am Institut für Radiochemie der TU München entwickelt wurde, identifizierten die Wissenschaftler anschließend die Atome des Elements 114 anhand der beim Zerfall ausgesandten Strahlung. „TASCA wird in Zukunft weitreichende chemische, atom- und kernphysikalische Messungen an superschweren Elementen möglich machen“, sagt Alexander Yakushev, Gruppenleiter für Chemie der superschweren Elemente am RCM. „Unser großes Ziel ist es nun, zu noch schwereren Elementen vorzudringen und die neue achte Reihe im Periodensystem zu eröffnen.“

Seit vor knapp 50 Jahren theoretische Berechnungen voraussagten, dass es weit jenseits der damals bekannten Elemente noch so genannte superschwere Elemente geben könnte, wurden weltweit erhebliche Anstrengungen unternommen, solche Elemente zu erzeugen. Die Kernladungszahlen 114, 120 oder 126 sollten eine besonders hohe Stabilität besitzen. Es gab in der Vergangenheit mehrfach Berichte über die Beobachtung neuer Elemente in dieser Region. Doch eine wichtige Voraussetzung für die Anerkennung eines solchen Entdeckeranspruchs ist die unabhängige Verifikation in einem anderen Experiment, was in mehreren Fällen nicht gelang. „Hier hoffen wir mit Untersuchungen der Kernstruktur und der chemischen Eigenschaften von superschweren Elementen an TASCA einen großen Schritt voran zu kommen“, sagt Alexander Yakushev.

Das vor zehn Jahren erstmals im Kernforschungszentrum in Dubna, Russland, nachgewiesene Element 114 wurde bisher noch nicht offiziell von der dafür zuständigen Kommission der International Union of Pure and Applied Chemistry (IUPAC) anerkannt. Die Ergebnisse von GSI, Darmstadt, und aus Berkeley, USA, wo fast zeitgleich zwei Atome des Elements 114 nachgewiesen wurden, bestätigen nun im Wesentlichen die Ergebnisse aus Dubna. Erst vor kurzem hatte die IUPAC das letzte bei GSI entdeckte Element 112 offiziell als das bisher schwerste Element anerkannt. Noch unbestätigt sind Experimente aus Russland zur Erzeugung der Elemente bis hin zu 118.

Am Experiment zur Erzeugung von Element 114 mit TASCA bei GSI waren Wissenschaftler der GSI, der TU München und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz federführend. Beteiligt waren darüber hinaus Wissenschaftler aus Berkeley (USA), Jyväskylä (Finnland), Kolkata (Indien), Liverpool (Großbritannien), Lund (Schweden), Oslo (Norwegen) und Warschau (Polen). Die Arbeiten wurden unterstützt durch Mittel des BMBF, des GSI-F&E, des Swedish Science Council, des Department of Energy und der National Nuclear Security Administration der USA, des Norwegian Research Council und des Staates Indien.

Bildmaterial zum Download:
http://mediatum.ub.tum.de/?cunfold=981812&dir=981812&id=981812
Das am Institut für Radiochemie der TU München entwickelte Detektionssystem, mit dem an der GSI die Synthese und der Zerfall von 13 Atomen von Element 114 nachgewiesen wurde. (Foto G. Otto)

Originalpublikation:
Production and Decay of Element 114: High Cross Sections and the New Nucleus 277Hs.
Ch. E. Düllmann, M. Schädel, A. Yakushev, A. Türler, K. Eberhardt, J. V. Kratz, D. Ackermann, L.-L. Andersson, M. Block, W. Brüchle, J. Dvorak, H. G. Essel, P. A. Ellison, J. Even, J. M. Gates, A. Gorshkov, R. Graeger, K. E. Gregorich, W. Hartmann, R.-D. Herzberg, F. P. Heßberger, D. Hild, A. Hübner, E. Jäger, J. Khuyagbaatar, B. Kindler, J. Krier, N. Kurz, S. Lahiri, D. Liebe, B. Lommel, M. Maiti, H. Nitsche, J. P. Omtvedt, E. Parr, D. Rudolph, J. Runke, B. Schausten, E. Schimpf, A. Semchenkov, J. Steiner, P. Thörle-Pospiech, J. Uusitalo, M. Wegrzecki, and N. Wiehl
Phys. Rev. Lett. 104, 252701 (2010) – DOI: 10.1103/PhysRevLett.104.252701
http://prl.aps.org/abstract/PRL/v104/i25/e252701

Kontakt:
Dr. Alexander Yakushev
Technische Universität München
Department Chemie – Institut für Radiochemie
Walther-Meissner-Str. 3 
D-85748 Garching
Tel.: +49 89 289 12226
, Fax: +49 89 289 1 2204
E-Mail: yak@rad.chemie.tu-muenchen.de

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