Neue Röntgentechnologie liefert ultrahohe Auflösung für die Biowissenschaften:
Röntgenbilder aus der Nanowelt der Bakterien
08.12.2009, Pressemitteilungen
Röntgenaufnahmen sind wichtige Hilfsmittel der Medizin, doch die Auflösung herkömmlicher Röntgentechniken ist beschränkt. Physikalisch erlaubt die extrem kurzwellige Röntgenstrahlung Mikroskopie mit einer Auflösung, die bis in den Nanometerbereich hinein reicht. Eine der großen Hürden in der hochauflösenden Mikroskopie mit Röntgenstrahlen ist jedoch die Herstellung entsprechender Linsen. Forscher der biomedizinischen Physik der Technischen Universität München (TUM) haben ein Verfahren weiter entwickelt, das ohne Linse auskommt und nun ultrahohe Auflösungen auch bei biologischen Proben liefert. Ihre Untersuchungsergebnisse am strahlungsresistenten Bakterium Deinococcus Radiodurans, das vor allem wegen seiner Fähigkeit zur Reparatur geschädigter Erbanlagen von hohem Interesse ist, veröffentlicht in dieser Woche die Online-Ausgabe der „Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA“ (PNAS).
Die Methode – genannt Ptychographie – wurde in den 70er Jahren für Elektronenbeugung eingeführt. Um eine Probe zu untersuchen wird dabei das Beugungsmuster im Fernfeld analysiert während ein sehr kleiner Punkt der Probe bestrahlt wird. Während ihre Verwendung im Bereich der Elektronenmikroskopie begrenzt blieb, wurde die Ptychographie in den letzten Jahren im Bereich der Röntgenaufnahmen populär. Das ist vor allem Franz Pfeiffer – Inhaber des Lehrstuhls für Biophysik an der TUM – und seinem Team zu verdanken. Ein entscheidender Schritt in der Entwicklung der Ptychographie wurde von der Gruppe vor etwa einem Jahr im Magazin Science veröffentlicht. Damals wurde die extrem hohe Auflösung der Methode an einer Teststruktur aus Gold demonstriert.
Jetzt ist in einer Kooperation der Pfeiffer Gruppe mit Wissenschaftlern der Universität Göttingen und der Swiss Light Source ein weiterer Schritt geglückt: Klaus Giewekemeyer, Sebastian Kalbfleisch, André Beerlink aus der Gruppe von Prof. Tim Salditt in Göttingen sowie Pierre Thibault, Martin Dierolf und Franz Pfeiffer von der Technischen Universität München gelang es, mit der Methode erste Aufnahmen biologischer Zellen zu machen.
Die Ergebnisse zeigen dass mit “linsenlosen” Röntgenaufnahmen – speziell Ptychographie – präzise Karten der Elektronendichte der Zellen erstellt werden können. Diese Art quantitativer Messung ist mit den meisten anderen aktuell verfügbaren hochauflösenden Technologien extrem schwierig. Biologische Proben sind sehr instabil und beinahe komplett durchlässig für Röntgenstrahlen, was diese Art der exakten Messung noch herausfordernder macht. Die Ergebnisse der gemeinsamen Arbeit werden diese Woche in den “Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA” veröffentlicht.
Die Gruppe um Professor Pfeiffer versucht nun, die Methode weiter zu verbessern. Besonders wichtig ist dem Team der nächste Meilenstein: dreidimensionale Aufnahmen biologischer Proben.
Die Forschungsarbeiten wurden unterstützt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Helmholtz Gemeinschaft und dem Ministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
Veröffentlichungen:
K. Giewekemeyer, P. Thibault, S. Kalbfleisch, A. Beerlink, C. M. Kewish, M. Dierolf, F. Pfeiffer, T. Salditt, Quantitative biological imaging by ptychographic x-ray diffraction microscopy, PNAS Early Edition, Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA, Dec. 7-11, 2009.
http://www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.0905846107 (nach Veröffentlichung)
P. Thibault, M. Dierolf, A. Menzel, O. Bunk, C. David, F. Pfeiffer, High-resolution scanning x-ray diffraction microscopy, Science 321, 379 – 381 (2008). http://www.sciencemag.org/cgi/content/abstract/321/5887/379
Kontakt:
Prof. Dr. Franz Pfeiffer
Technische Universität München
Lehrstuhl für Physik-Biophysik (E17)
James-Franck-Str. 1, D 85748 Garching
Tel.: +49 89 289 12552
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