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Stoff aus fremder Supernova:

Halbwertszeit von Eisen-60 überrascht Forscher

Der Krebs-Nebel, Überrest einer Sternenexplosion nur ein paar Tausend Lichtjahre entfernt.

26.08.2009, Pressemitteilungen

Der Zerfall radioaktiver Elemente im Universum liefert Astronomen wertvolle Erkenntnisse über den zeitlichen Hergang kosmischer Abläufe. Gelingt es den Wissenschaftlern, die Mengenverhältnisse der beteiligten Ausgangs- und Zerfallsprodukte zu bestimmen, können sie auf den Zeitpunkt schließen, an dem der radioaktive Prozess seinen Anfang nahm – vorausgesetzt, die Halbwertszeit des betreffenden Stoffes ist genau genug bekannt.

Einer Gruppe von Wissenschaftlern der Technischen Universität München (TUM) und dem Exzellenzcluster Universe gelang es nun zusammen mit Kollegen des Schweizer Paul Scherrer Instituts (PSI), die Halbwertszeit von Eisen-60 wesentlich genauer als je zuvor zu bestimmen. Sie stießen dabei auf eine handfeste Überraschung: Die Halbwertszeit von Eisen-60 liegt mit 2,6 Millionen Jahren deutlich über dem bisher angenommenen Wert von 1,5 Millionen Jahren Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie nun in Physical Review Letters (Vol. 103, No. 7, 072502, 2009).

Das seltene, radioaktive Eisen-Isotop Eisen-60, dessen Kern vier Neutronen mehr beherbergt als das häufigste Isotop Eisen-56, interessiert die Wissenschaftler aus mehreren Gründen. So liefert die Strahlung seines unmittelbaren Zerfallsproduktes, Kobalt-60, Hinweise über die Entstehung schwerer Elemente in massereichen Sternen der Milchstraße.

Die Zerfallsreihe des Eisenisotops führt über Kobalt-60 schließlich zum stabilen Element Nickel-60, dessen Häufigkeit in Meteoritengestein Aufschlüsse über die früheste Geschichte des Sonnensystems vor mehr als viereinhalb Milliarden Jahren zulässt. In jener Phase, so vermuten Astrophysiker, konnte Eisen-60 gemeinsam mit anderen radioaktiven Elementen als Wärmequelle im Inneren der neu entstehenden Planeten und Kleinplaneten agieren und so deren Beschaffenheit entscheidend beeinflussen.

Das Vorhandensein von Eisen-60 im entstehenden Sonnensystem können sich die Astronomen allerdings nur durch ein externes Ereignis erklären, etwa eine nahe Supernova, deren ausgeworfenes Material sich mit dem Gas des entstehenden Sonnensystems vermischte. Eine Supernova vor wenigen Millionen Jahren war vermutlich der Lieferant für die Eisen-60-Spuren, die die gleiche TUM-Gruppe in Krustenmaterial des Meeresgrundes nachweisen konnte.

Für eine zuverlässige Interpretation der Messdaten in all diesen Zusammenhängen ist eine genaue Kenntnis der Halbwertszeit von Eisen-60 von entscheidender Bedeutung. Der bisherige Wert von circa 1,5 Millionen Jahren litt unter einer Unsicherheit von fast 20 Prozent - zu viel für die Forscher, da die Interpretation und Datierung der Prozesse empfindlich von der Eisen-60-Halbwertszeit abhängt.

Die Wissenschaftler der TU München und des PSI untersuchten nun im Rahmen einer neuen Messung einige Gramm Eisen-60-haltigen Materials – zehnmal mehr bei der letzten Messung 1984. Das Eisen extrahierten sie chemisch aus einem Stück Kupfer, das von 1980 bis 1992 als „Strahlstopper“ für energiereiche Protonen am PSI diente. Nach dieser speziellen chemischen Aufbereitung am PSI beobachteten die Forscher mit einem besonders empfindlichen Gamma-Spektrometer knapp drei Jahre lang die Anreicherung des Materials mit Kobalt-60, dem unmittelbaren Zerfallsprodukt des radioaktiven Eisens. Zudem wurde am PSI die Gesamtzahl an Eisen-60-Atomen genau bestimmt.

Aus den Ergebnissen ihres aufwändigen Experimentes konnten die Wissenschaftler die Eisen-60 Halbwertszeit mit einer Unsicherheit von weniger als 2 Prozent berechnen – und darüber hinaus mit einer Überraschung aufwarten: Wie sich herausstellte liegt die Halbwertszeit mit 2,6 Millionen Jahren 75 Prozent über dem bisher angenommenen Wert. Bisherige Untersuchungen zu kosmischen Vorgängen müssen nun neu bewertet werden: zum Beispiel die Entstehung der chemischen Elemente und die Erkenntnisse über Supernovae, die sich in der Vergangenheit in der Nähe unseres Sonnensystems ereigneten.

Originalpublikation:

G. Rugel, T. Faestermann, K. Knie, G. Korschinek, and M. Poutivtsev, D. Schumann, N. Kivel, I. Günther-Leopold, R. Weinreich, and M. Wohlmuther New Measurement of the 60Fe Half-Life, Phys. Rev. Lett. 103, 072502 (2009) - DOI: 10.1103/PhysRevLett.103.072502

Kontakt:

Dr. Georg Rugel
Technische Universität München
Lehrstuhl für Experimentalphysik-Astroteilchenphysik
James-Frank-Str. 1, 85748 Garching
Tel: +49 89 289 14273
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