„Der beste Arzt ist der, der nicht gebraucht wird“:
Sportmediziner der TUM betreuen deutsche Athleten bei Olympia
05.08.2008, Aktuelle Meldungen
Privatdozent Dr. Arno Schmidt-Trucksäss und Dr. Bernd Wolfahrt vom Zentrum für Prävention und Sportmedizin der TU München freuen sich auf die Olympischen Spiele in Peking. Die beiden Ärzte werden bei dem Großereignis eine besondere Rolle spielen: Dr. Schmidt-Trucksäss betreut die deutsche Schwimm-Nationalmannschaft als leitender Verbandsarzt, Dr. Wolfarth leitet gemeinsam mit zwei Kollegen die Medizinische Zentrale der deutschen Olympiateilnehmer. Beide Mediziner sind seit vielen Jahren im Leistungssport tätig, waren bei mehreren Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften im Einsatz. Wie bereiten sie sich auf Peking vor, wie sieht ihre Arbeit vor Ort aus und wie können sie den Ruf der deutschen Sportmedizin verbessern?
Welches sind Ihre genauen Aufgabengebiete vor Ort?
PD Dr. Schmidt-Trucksäss: „Meine Hauptaufgabe besteht darin, die deutschen Schwimmer medizinisch zu betreuen. Wenn es Sportler wie Britta Steffen, Annika Lurz oder Helge Meeuw zwickt, bin ich zur Stelle, um sie rechtzeitig zum Wettkampf fit zu bekommen. Wenn es die Betreuung der Schwimmer zulässt, werde ich außerdem als Ambulanzarzt in der deutschen Poliklinik im Olympischen Dorf eingesetzt.“
Dr. Wolfarth: „Ich werde mich hauptsächlich in der Medizinischen Zentrale der Deutschen Mannschaft aufhalten. In Peking haben wir eine richtige Ambulanz, in der wir die Erstversorgung von medizinischen Problemen vornehmen können. In der Diagnostik verfügen wir über eine allgemeinmedizinische Ausstattung, können Geräte von Ultraschall über EKG bis zur Ermittlung der Lungenfunktion einsetzen. Zudem können wir jede klinisch-internistische Untersuchung und orthopädische Behandlung durchführen, Verletzungen direkt im olympischen Dorf versorgen. In der Poliklinik der deutschen Mannschaft können wir Erkrankungen direkt vor Ort mit Medikamenten behandeln. Ich selbst bin übergeordnet zuständig, als Dienstleister für die Kollegen, die bei den Mannschaften arbeiten, aber auch für die Versorgung von Betreuern, Funktionären und Besuchern aus Deutschland.“
Wie bereiten Sie sich auf Olympia vor?
PD Dr. Schmidt-Trucksäss: „Nicht nur für die Sportler, sondern für alle, die in Peking arbeiten werden, gilt es, die klimatische Umstellung zu verkraften. Also muss auch ich als Arzt rundherum fit sein, damit ich meinen Job für die Sportler bestmöglich erledigen kann.“
Dr. Wolfarth: „Wir müssen sehr viele Geräte von hier nach China schicken und vor Ort aufbauen. Wir wollen gewährleisten, dass die medizinische Abteilung steht, wenn die Athleten kommen. Daher arbeiten wir mit einem Vorlauf von vier bis fünf Tagen – für den Fall, dass zum Beispiel ein Ultraschallgerät plötzlich im Zoll hängen bleibt. Im Moment schreibe ich daher seit Tagen Listen, suche Preise oder Gewichte von medizinischen Geräten heraus, damit die offizielle Olympische Transportgesellschaft alles beim Zoll anmelden kann.“
Wie werden Ihre Arbeitstage in Peking aussehen?
PD Dr. Schmidt-Trucksäss: „Während der Spiele werde ich gezwungenermaßen zum Frühaufsteher. Mein Tag beginnt um 5:30 Uhr, weil bereits zwischen 10:00 und 12:00 Uhr die Vorläufe der Schwimmer stattfinden. Was dann folgt, sind Training, Mittagessen, Mannschaftsbesprechung und die Finalläufe am Abend. Vermutlich werde ich nie vor 1:00 Uhr ins Bett kommen. Außerdem gibt es hoffentlich einige deutsche Medaillen zu feiern, dann macht es mir auch nichts aus, wenn der Schlaf kurz ausfällt.“
Dr. Wolfarth: „Sobald die Spiele beginnen, haben wir in unserem Dreierteam in der Medizinischen Zentrale sehr straff durchstrukturierte Tage. Im Schichtdienst sind wir 24 Stunden für die Athleten da.“
Wird alles, was an Medikamenten, Salben und Verbänden gebraucht wird, aus Deutschland mitgebracht oder versorgen Sie sich auch vor Ort?
PD Dr. Schmidt-Trucksäss: „Alles, was wir brauchen, haben wir dabei. Wir müssen wissen, was in den Medikamenten enthalten ist, denn die Anti-Doping-Bestimmungen sind streng, was wir natürlich sehr begrüßen. Vor Ort werden nur im Notfall zusätzliche Medikamente beschafft, diese dann aber nur aus akkreditierten und zuverlässigen Quellen. Speziell in diesem Bereich haben wir Olympia-Ärzte eine große Verantwortung gegenüber unseren Sportlern.“
Könnten Smog und Luftfeuchtigkeit zum echten Problem für die Athleten werden? Wenn ja, wie können Sie helfen?
Dr. Wolfarth: „Natürlich stellt die Luftverschmutzung in Peking ein echtes Problem dar. Es kann passieren, dass die Athleten Schwierigkeiten mit ihrem Bronchialsystem bekommen. Behandelt werden solche Probleme wie Asthma natürlich immer im Rahmen der Anti-Doping-Vorschriften. Bei Indoorsportarten erwarten wir kaum Probleme, bei Ausdauersportlern, die länger draußen sind und hohe Belastungen haben, hingehen schon. In diesem Bereich gibt es Medikamente, die ohne Anmeldung eingenommen werden dürfen, für andere benötigt man eine spezielle medizinische Ausnahmegenehmigung im Vorfeld. In der Olympia-Vorbereitung werden daher Tests durchgeführt und die Ergebnisse an das IOC gesendet, wo ein fünfköpfiges Gremium die Tests begutachtet und medizinische Ausnahmegenehmigungen erteilt oder diese ablehnt.“
Der Ruf der deutschen Sportmedizin hat durch die Skandale im Radsport gelitten. Was können Sie bei Olympia tun, um den Ruf wieder zu verbessern?
PD Dr. Schmidt-Trucksäss: „Ich lege absoluten Wert darauf, die Anti-Doping-Richtlinien zu beachten und setze mich persönlich sehr für einen sauberen Sport ein. Alle Athleten wurden und werden durch uns immer wieder über die entsprechenden Richtlinien und Vorschriften aufgeklärt. Darüber hinaus haben die Schwimmer der Nationalmannschaft an einer Studie der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) teilgenommen, wodurch Blutdoping besser erkannt werden soll. Von verschiedenen Seiten, national und international, haben wir für unser aktives Vorgehen im Ringen um einen sauberen Sport Anerkennung erhalten. Ich denke, dass wir in Deutschland und ganz speziell bei den Schwimmern einen sehr guten Weg eingeschlagen haben.“
Dr. Wolfarth: „In Deutschland gab es einen großen Skandal. Das Problem Doping spielt im internationalen Sport eine Rolle, es ist kein deutsches Problem. Wir als Sportmediziner müssen in unserer Arbeit so transparent wie möglich sein, eine Null-Toleranz-Politik gegen Doping fahren, kontrollieren und auch Verdachte äußern.“
Untersuchungen für Amateur- bis Profisportler
Über 3.000 Patienten lassen sich jedes Jahr im Zentrum für Prävention und Sportmedizin der TU München (Prof. Martin Halle) untersuchen - ob Freizeit- oder Leistungssportler, Anfänger oder Wiedereinsteiger. Mit der Note „sehr gut“ zeichnete die Stiftung Warentest (Ausgabe 2/2006) die sportmedizinischen Untersuchungen am Institut nach einem verdeckten Test aus.
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