MIT wählt die 35 innovativsten Erfinder und Wissenschaftler unter 35 Jahren
TUM-Informatiker gehört zu den besten jungen Forschern weltweit
03.09.2010, Pressemitteilungen
Andrey Rybalchenko, Informatikprofessor an der Technischen Universität München (TUM) zählt – laut Technology Review – zu den weltweit 35 außergewöhnlichsten Forschern und Erfindern unter 35 Jahren. Er wird deshalb in die Liste der TR35 aufgenommen, die jährlich die Redaktion der Zeitschrift Technology Review aufstellt, ein Magazin des Massachusetts Institute of Technology (MIT). Die technologischen Entwicklungen und Erfindungen der TR35 haben das Potential, Gesellschaft, Politik und Wirtschaft zu verändern – so Technology Review.
Wenn sich Informatiker einig sind, dass etwas unmöglich ist, meinen sie dies in einem spezifischen Sinn, wie bei einem streng mathematischen Beweis. Wenn also ein vielversprechender neuer Ansatz für ein lang diskutiertes Problem in der Theorie bewiesen und dann auch noch praktisch in einem Softwareprogramm demonstriert wird, bedeutet dies nicht nur einen, sondern gleich zwei Erfolge. Und wenn es bei diesen Erkenntnissen und Innovationen um ein Problem geht, das potenziell fast jeden an jedem Tag betrifft, dann hat der Forscher etwas wirklich Außerordentliches erreicht. Das beschreibt die Art der Arbeit, für die Prof. Andrey Rybalchenko von der TUM-Fakultät für Informatik ausgezeichnet wurde.
Das bekannteste Gesicht des Problems, dem sich Rybalchenko angenommen hat, begegnet einem zu Hause genauso oft wie im Büro: ein Programm, das nicht reagiert. Der Computer läuft und das Programm ist nicht abgestürzt, aber es ist mitten in einem Arbeitsschritt eingefroren und gibt einem keinerlei Hinweis warum. Obwohl der Computer möglicherweise immer noch andere Funktionen ausführen kann, macht er nicht mehr das, was der Nutzer gerade von ihm verlangt.
Jeder Computernutzer hat vermutlich einige eigene Ausdrücke für die Fälle, bei denen er ewig auf die Sanduhr oder das bunte Windrad starrt – der Fachbegriff für diese Art von Fehler heißt „Verletzung der Lebendigkeitseigenschaften“. Ein Programm scheitert dabei, auf eine Anfrage eines Nutzers oder eines anderen Programms zu antworten, geht in einen eingefrorenen Zustand über und zeigt nicht einmal eine Fehlermeldung an. So ärgerlich diese Fehler bei einem PC sind – die Konsequenzen können weit schwerwiegender sein: Heutzutage sind die meisten Elemente unserer Infrastruktur von der Zuverlässigkeit von Softwaresystemen abhängig, von Energieversorgung über Kommunikation bis zu Luft- und Schienenverkehr, von Produktion bis Medizin. Das gleiche gilt für Sicherheits- und Katastrophenschutzmaßnahmen.
Während seit den 1960er Jahren enorme Fortschritte bei automatisierter Softwareverifikation erzielt wurden – das heißt sicherzugehen, dass nicht bestimmte Fehler in Millionen Zeilen eines Computercodes lauern –, bekam man Verletzungen der Lebendigkeitseigenschaften nicht in den Griff. Im Gegenteil, seit den 1930er Jahren „wusste“ jeder, dass eine grundsätzliche Lösung dessen, was der Informatik-Pionier Alan Turing das „Halteproblem“ genannt hat, unmöglich sein würde. Andrey Rybalchenko hat diese ausweglose Situation mit der Entdeckung von "Transitionsinvarianten" gelöst, einem neuen Prinzip, Lebendigkeitseigenschaften zu beweisen. Im Kern haben er und Prof. Andreas Podelski von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg einen Weg gefunden, auf Lebendigkeitseigenschaften einen „Teile-und-herrsche-Ansatz“ anzuwenden. Wie andere Probleme der Informatik könnte jetzt die Beweisführung für Lebendigkeitseigenschaften in Unterfunktionen untergliedert werden. Sogenannte „Approximationsverfahren“ könnten nun für jede Unterfunktion angewendet werden und die Ergebnisse könnten kombiniert werden, um die Lebendigkeitseigenschaften eines Softwareprogramms zu prüfen.
Rybalchenko hat die praktische Wirkung dieser Erkenntnisse demonstriert, indem er ein Verifikationstool namens Terminator entwickelt hat. Angewandt bei Windows-Gerätetreibern konnte Terminator zeigen, ob die Abfertigungsroutinen der Treiber – also die Funktionen, die ausgeführt werden, wenn der Computer mit einem Drucker oder anderen Geräten kommuniziert – immer auf das Betriebssystem reagieren würden, wenn sie angefordert werden. Durch die Zusammenarbeit mit Byron Cook von Microsoft Research ist Rybalchenkos innovativer Ansatz nun auf einem schnellen Weg von der Forschungsdemonstration in ein industriell produziertes Softwaretool, was ihm die Gewissheit gibt, „dass Lebendigkeitsdefekte in Alltagssoftware letztendlich aussterben werden“.
Zur Person:
Andrey Rybalchenko wurde im Januar 2010 zum Informatikprofessor an der TU München für das Fachgebiet Grundlagen der Softwarezuverlässigkeit und Theoretische Informatik berufen. Zuvor leitete er eine Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Softwaresysteme in Saarbrücken und Kaiserslautern. Er studierte Informatik an der Universität des Saarlandes und promovierte am Max-Planck-Institut für Informatik, Saarbrücken. Seine Stationen vor der TUM waren das Forschungslabor von Microsoft, die École Polytechnique Fédérale de Lausanne und das Max-Planck-Institut für Softwaresysteme. Aufgewachsen ist Andrey Rybalchenko in Russland. Seine Forschungsergebnisse wurden mit der Otto-Hahn-Medaille der Max-Planck-Gesellschaft und der Microsoft Research European Fellowship ausgezeichnet.
Kontakt:
Prof. Andrey Rybalchenko
Techniche Universität München
Institut für Informatik (I7)
Boltzmannstraße 3
85748 Garching bei München
Tel.: +49 89 289-17209
E-Mail: rybal@in.tum.de
http://www.model.in.tum.de/~rybal/
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