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TUM-Forscher beginnen mit Auswertung

Satellit GOCE sendet erste Daten

Zweimal sechs Monate lang wird Goce nun in 255 Kilometern Entfernung die Erde umkreisen und ihr Schwerefeld neu vermessen.

05.10.2009, Press releases

Die anspruchvollste Mission zur Erforschung des Schwerefeldes der Erde hat begonnen. Der ESA-Satellit GOCE (Gravity Field and Steady-State Ocean Circulation Explorer) sendet erste wissenschaftliche Messdaten. Mit bisher unerreichter Genauigkeit wird er nun zweimal sechs Monate lang ununterbrochen die winzigen Unterschiede im Schwerefeld der Erde vermessen, um ein einmalig exaktes Modell des Geoids, der Oberfläche eines idealen globalen Ozeans im Ruhezustand, zu ermitteln.

„Am 13. September wurde GOCE auf seine Arbeitshöhe von 255 Kilometern gelenkt, nun werden wir sehr bald mit der Auswertung der Daten beginnen können“, sagt Professor Reiner Rummel, Ordinarius für Astronomische und Physikalische Geodäsie der Technischen Universität München (TUM), einer der GOCE-Initiatoren und Vorsitzender des European GOCE Gravitiy Consortiums. Professor Rummels Team an der TUM arbeitet nun mit einer Gruppe europäischer Wissenschaftler an der Berechnung eines globalen Modells des Gravitationsfelds und Geoids aus den Messdaten, die GOCE sendet.

Mit Beginn der Messperiode ist wieder ein Meilenstein der Mission erreicht. Begonnen hatte sie mit dem Start der Trägerrakete, die GOCE am 17. März dieses Jahres in eine Erdumlaufbahn brachte, die etwas weiter entfernt ist als seine jetzige Arbeitshöhe. In den zurückliegenden Monaten wurden alle Sensoren überprüft: das neuartige Gravitationsgradiometer, die beiden geodätischen GPS-Empfänger, die Sternsensoren, die Ionentriebwerke und magnetischen Drehmomentgeber. In 255 Kilometern Höhe wirken noch Reibungskräfte der Atmosphäre. Diese stellen eine besondere Herausforderung an die Steuerung und Energieversorgung des Satelliten dar. Er musste daher erst eingestellt und kalibriert werden. Dank geringer Sonnenaktivität konnte die Arbeitshöhe sogar etwas niedriger gewählt werden, als die ursprünglich vorgesehenen 270 Kilometer Höhe.

Die Gravitation, die GOCE messen wird, ist eine der Grundkräfte der Natur, die viele dynamische Prozesse im Erdinneren sowie an und über der Erdoberfläche beeinflusst. Eine genaue Kenntnis des Gravitationsfeldes der Erde trägt entscheidend dazu bei, Prozesse im Erdinneren und somit die Physik und die Dynamik von Erdbeben und Vulkanismus besser zu verstehen. Obwohl in den vergangenen Jahren zahlreiche Schweremessungen auf der Erde vorgenommen wurden, bietet der Zugang zum Weltraum nun die einzigartige Möglichkeit, detaillierte Messdaten des gesamten globalen Gravitationsfeldes zu erfassen.

Angesichts unübersehbarer Klimaänderungen sind die Daten, die GOCE nun aus dem All sendet, wichtig für ein besseres Verständnis des Systems Erde. GOCE wird nämlich auch eine Karte des Geoids, der Bezugsfläche der Erde, und von Anomalien des Schwerefeldes in hoher Auflösung liefern. Eine solche Karte wird weitaus verbesserte Referenzen für Klimastudien einschließlich der Veränderung des Meeresspiegels, der Ozeanströmungen und für Untersuchungen der Dynamik der Eiskappen liefern. Durch die Messungen wird es möglich, die Oberflächenzirkulation der Weltmeere mit deutlich verbesserter Detailgenauigkeit zu erfassen. Bisher hatte man sie hauptsächlich aus mathematischen Modellrechnungen erschlossen. Eine genaue Bestimmung der Ozeanzirkulation ist deshalb so wichtig, weil die Meeresströme 50 Prozent zum Wärmehaushalt der Erde beitragen. Sollte sich zum Beispiel der Verlauf des Golfstroms ändern, würde dies für Europa deutliche Temperaturänderungen bedeuten. Mit GOCE werden Wissenschaftler anhand eines Referenzsystems in der Lage sein, solche Veränderungen der Meeresströme genauer zu erkennen.

Auch das Vermessungswesen wird von den Daten, die GOCE jetzt aus dem All sendet, enorm profitieren. Durch die Verfügbarkeit einer hochgenauen Referenzfläche wird es durch Kombination mit Messungen von Satellitennavigationssystemen (zum Beispiel GPS oder GALILEO) in Zukunft erstmalig möglich sein, jedem Nutzer Meereshöhen auf den Zentimeter genau zur Verfügung zu stellen. Die Münchner Wissenschaftler rechnen damit, dass alle Satellitennavigationsempfänger der Zukunft diese Option enthalten werden.

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