Familienpflegezeit
Der Deutsche Bundestag hat am 20. Oktober 2011 das Gesetz über die Familienpflegezeit (FPfZG) beschlossen. Mit Wirkung vom 01. Januar 2012 ist es in Kraft getreten. Mit dem Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf vom 23. Dezember 2014 wurde das Familienpflegezeitgesetz mit Wirkung vom 1. Januar 2015 geändert. Damit soll der Situation Rechnung getragen werden, dass immer mehr Berufstätige durch die häusliche Pflege von nahen Angehörigen an ihre Belastbarkeitsgrenzen stoßen. Der Gesetzgeber erweitert somit, nachdem zum 1. Juli 2008 das Pflegezeitgesetz in Kraft getreten ist, die Möglichkeit zur besseren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf für die unter den Geltungsbereich des TV-L fallenden Beschäftigten.
Was ist Familienpflegezeit?
Das Modell der Familienpflegezeit nach § 2 Abs. 1 FPfZG ermöglicht es Betroffenen, die Arbeitszeit für die Dauer von maximal zwei Jahren auf bis zu 15 Stunden zu reduzieren (teilweise Freistellung), wenn sie einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen.
Zudem gibt es die Möglichkeit der teilweisen Freistellung nach § 2 Abs. 5 FPfZG. Dieses Modell kann gewählt werden, sofern es sich um einen minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher oder außerhäuslicher Umgebung handelt. Ansonsten gelten die gleichen Bedingungen wie bei der Familienpflegezeit nach § 2 Abs. 1 FPfZG. Deshalb kann die Freistellung nach § 2 Abs. 5 FPfZG auch anstatt oder im Wechsel mit der Familienpflegezeit nach § 2 Abs. 1 FPfZG gewählt werden.
Um die hieraus resultierenden Gehaltseinbußen abzufedern, wird dem Beschäftigten auf Antrag ein monatliches zinsloses Darlehen vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben gewährt. Das Darlehen beträgt im Normalfall die Hälfte der Differenz zwischen dem bisherigen Nettoarbeitsentgelt und dem Nettoarbeitsentgelt mit reduzierter Arbeitszeit während der Familienpflegezeit. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, das Darlehen innerhalb von 48 Monaten nach Beginn der Freistellung in möglichst gleichbleibenden monatlichen Raten zurückzuzahlen.
Beispiel:
Die Arbeitszeit wird für zwei Jahre von 100 % auf 50 % der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit reduziert. Zum Arbeitsentgelt von 50 % kommt die Gewährung eines Darlehens in Höhe der Hälfte zwischen dem vorherigen und dem aktuellen Arbeitsentgelt hinzu, so dass das Arbeitsentgelt inkl. Darlehen insgesamt 75 % des letzten Entgelts beträgt.
Nach der Familienpflegezeit erfolgt eine Rückkehr zur vorherigen Arbeitszeit und damit auch die Bezahlung wieder in voller Höhe.
Welche Voraussetzungen müssen für die Gewährung erfüllt sein?
Beschäftigte, die Familienpflegezeit beanspruchen wollen, müssen dies dem Arbeitgeber unter Angabe des gewünschten Zeitraums und Umfangs der Familienpflegezeit spätestens 8 Wochen vor dem gewünschten Beginn schriftlich mitteilen.
Grundlage für die Gewährung bildet eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Beschäftigten über die Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit.
Erforderlich ist außerdem ein Nachweis der Pflegebedürftigkeit des zu pflegenden Angehörigen.
Kombination von Familienpflegezeit und Pflegezeit
Sollte nach der Familienpflegezeit oder der Freistellung nach § 2 Abs. 5 FPfZG beabsichtigt sein, eine Freistellung nach § 3 Abs. 1 (Pflegezeit) oder Abs. 5 (Betreuung minderjähriger Angehöriger) des Pflegezeitgesetzes zur Pflege oder Betreuung des selben pflegebedürftigen Angehörigen zu beanspruchen, so muss sich diese unmittelbar an die Familienpflegezeit anschließen und spätestens 8 Wochen vor der Freistellung erfolgen.
Sollte nach einer Freistellung nach § 3 Abs. 1 (Pflegezeit) oder Abs. 5 (Betreuung minderjähriger Angehöriger) des Pflegezeitgesetzes Familienpflegezeit in Anspruch genommen werden, muss sich diese ebenfalls unmittelbar an die vorherige Freistellung anschließen. In diesem Fall ist dem Arbeitgeber die Familienpflegezeit spätestens 3 Monate vor deren Beginn anzukündigen.
Alle genannten Freistellungen dürfen in der kombinierten Anwendung insgesamt 24 Monate nicht überschreiten.
Welche Auswirkungen hat die Familienpflegezeit auf das Beschäftigungsverhältnis?
Die Vereinbarung wird in Form eines Änderungsvertrages zwischen Beschäftigtem und Arbeitgeber abgeschlossen. Nach der Familienpflegezeit leben die ursprünglichen Vertragsbedingungen wieder auf.
Für weitere Informationen hinsichtlich etwaiger Auswirkungen einer Vertragsänderung in den steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Bereichen sowie in der betrieblichen Altersversorgung, setzen Sie sich bitte rechtzeitig mit den jeweils zuständigen Stellen in Verbindung:
Sozialversicherung: Rentenversicherungsträger, Krankenkassen
Steuer: Finanzämter
Betriebliche Altersversorgung: Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL)
Von Seiten des Arbeitgebers können zu renten-, zusatzversorgungs-, sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Fragen keine Angaben gemacht werden.
Welche Möglichkeiten zur Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger bestehen neben der Familienpflegezeit?
Es bestehen Freistellungsmöglichkeiten im Rahmen des Pflegezeitgesetzes. Auch unsere Dienstvereinbarung zur Arbeitszeit beinhaltet eine großzügige Regelung im Rahmen der flexiblen Arbeitszeit, welche die Einbringung von Arbeitszeitguthaben für maximal 24 Tage pro Jahr möglich macht (Freizeitausgleich). Außerdem eröffnet der TV-L die Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung, wonach eine Reduzierung der Arbeitszeit mit gleichzeitiger Reduzierung des Entgelts einhergeht.
Wir empfehlen Ihnen, sich zunächst mit Ihrem/Ihrer jeweiligen Vorgesetzten zu besprechen, um herauszufinden welches Arbeitszeit- oder Freistellungsmodell für Ihre individuelle Situation in Betracht kommen könnte und ob sich dieses mit den dienstlichen Gegebenheiten vereinbaren lässt.
Nehmen Sie bitte auch frühzeitig Kontakt mit Ihrer/Ihrem jeweils zuständigen Ansprechpartnerin bzw. Ansprechpartner der Personalverwaltung auf, damit geklärt werden kann welche Möglichkeiten es für Sie, auch unter Berücksichtigung der dienstlichen Interessen, es für Sie gibt.
Beispiele für Freistellungsmöglichkeiten
Fall 1: Betreuung der plötzlich pflegebedürftig gewordenen Mutter in häuslicher Umgebung
- 1 Arbeitstag nach § 29 Abs. 1 S.1 e) aa) TV-L (sofern die Mutter im selben Haushalt lebt)
- 10 Arbeitstage nach § 2 PflegeZG: zur Sicherstellung einer pflegerischen Versorgung eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akut aufgetretenen Pflegesituation.
- a)
vollständige Freistellung:
o 6 Monate Pflegezeit nach § 3 Abs. 1 PflegeZG
o Im Anschluss oder alternativ unbezahlter Sonderurlaub nach § 28 TV-L möglich
b) teilweise Freistellung:
o 6 Monate Pflegezeit nach § 3 Abs. 1 PflegeZG mit teilweiser Freistellung, im Anschluss für 18 Monate Familienpflegezeit nach § 2 Abs. 1 FPfZG möglich mit Mindestarbeitszeit von 15 Std./Woche. (Pflegezeit + Familienpflegezeit dürfen zusammen 24 Monate nicht überschreiten)
alternativ:
o für 24 Monate Familienpflegezeit nach § 2 Abs. 1 FPfZG möglich mit Mindestarbeitszeit von 15 Std./Woche
alternativ oder im Anschluss zur Familienpflegezeit oder Pflegezeit:
o Teilzeitbeschäftigung nach § 11 Abs. 1b TV-L für bis zu 5 Jahre (Verlängerung möglich)
Fall 2: Betreuung des pflegebedürftigen 8-jährigen Kindes während eines langwierigen Krankenhausaufenthaltes
des Kindes (nicht alleinerziehend, gesetzl.
versichert)
- 10 Arbeitstage (bei Alleinerziehenden 20) nach § 45 SGB V
- 4 Arbeitstage nach § 29 Abs. 1 S. 1 e) bb) TV-L
- a)
vollständige Freistellung:
o 6 Monate „Sonstige Freistellung“ nach § 3 Abs. 5 PflegeZG
o Im Anschluss oder alternativ unbezahlter Sonderurlaub nach § 28 TV-L möglich
b) teilweise Freistellung:
o 6 Monate „sonstige Freistellung“ nach § 3 Abs. 5 PflegeZG mit teilweiser Freistellung, im Anschluss für 18 Monate Freistellung nach § 2 Abs. 5 FPfZG möglich mit Mindestarbeitszeit von 15 Std./Woche. (Pflegezeit + Familienpflegezeit dürfen zusammen 24 Monate nicht überschreiten)
alternativ:
o für 24 Monate Freistellung nach § 2 Abs. 5 FPfZG möglich mit Mindestarbeitszeit von 15 Std./Woche
alternativ oder im Anschluss zur Familienpflegezeit oder Pflegezeit:
o Teilzeitbeschäftigung nach § 11 Abs. 1a TV-L für bis zu 5 Jahre (Verlängerung möglich)
Beamtenrechtliche Regelungen
Für Beamtinnen und Beamte gelten die Regelungen zu den Freistellungen nach dem Pflegezeitgesetz und dem Familienpflegezeitgesetz nicht.
Das Beamtenrecht beinhaltet dennoch dem Pflegezeitgesetz und Familienpflegezeitgesetz konforme Normen (siehe Art. 89, 92 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG)): Beamtinnen und Beamten mit Dienstbezügen ist auf Antrag, wenn zwingende dienstliche Belange nicht entgegenstehen, zur Betreuung eines nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftigen Angehörigen Teilzeitbeschäftigung in einem Umfang von mindestens durchschnittlich wöchentlich acht Stunden oder Urlaub ohne Dienstbezüge zu gewähren.
Ist die Höchstbewilligungsdauer von 15 Jahren bereits voll ausgeschöpft, wird bei einer weiteren familienpolitischen Teilzeit oder Beurlaubung zur Pflege von Angehörigen die Bewilligungsdauer um bis zu zwei weitere Jahre sowie derjenigen Zeit, die der Freistellungsmöglichkeit für Arbeitnehmer nach dem Pflegezeitgesetz entspricht, ausgedehnt.
Um für pflegebedürftige nahe Angehörige in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherstellen zu können, haben Beamte Anspruch auf bis zu neun Arbeitstage Dienstbefreiung (§ 10 Abs. 4 Bayerische Urlaubs- und Mutterschutzverordnung (UrlMV)). Für einen weiteren Tag besteht ein Anspruch auf Freistellung nach § 13 UrlMV (Sonderurlaub).
Für Beamtinnen und Beamte ist die Möglichkeit eines zinslosen Darlehens vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben grundsätzlich nicht gegeben.
Aber: Reduzieren Beamtinnen oder Beamte ihre Arbeitszeit zur kurzfristigen Überbrückung einer plötzlichen Pflegebedürftigkeit eines Angehörigen, so können sie einen Vorschuss gemäß der Bayerischen Vorschussrichtlinie beantragen (Nr. 3.2.8 BayVR). Fragen hierzu werden ausschließlich vom Landesamt für Finanzen beantwortet.
Wer ist Ihr zuständiger
Ansprechpartner?
Als Ansprechpartner stehen Ihnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zentralabteilung 2 - Personal an den jeweiligen Hochschulstandorten (München: Referat 21 und Referat 22, Garching: Referat 23, Weihenstephan: Referat 24) gerne zur Verfügung.
Wo sind weitere Informationen zu finden?
- Sie können sich bei Fragen rund um die Betreuung und Pflege Angehöriger jederzeit an den TUM Familienservice wenden. Auf der Internetseite finden Sie nähere Informationen und die Ansprechpartner.
- Hintergrundinformationen finden Sie auch auf den Webseiten des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und dem Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben.
contact: ZA 2 - Personal